In Indien sind die meisten Ehen arrangiert, was für mich sehr fremd ist – also spannend. Als gut erzogene Schweizerin habe ich mich nicht wirklich getraut, danach zu fragen, bis es sich wie ganz von selbst ergeben hat. Zu meinem Erstaunen habe ich festgestellt, dass die Leute hier sehr offen darüber Auskunft geben. (Letzteres ist übrigens auch in anderen Bereichen so, was wiederum die Konsequenz hat, dass Inder und Inderinnen auch sehr direkt fragen, z. Bsp. nach dem Alter, dem Mietzins, etc.. Sind wir in der (Deutsch-)Schweiz etwas verklemmt 😉?) Die Tochter einer Bekannten ist 24 oder 25 Jahre alt, am Ende ihres Studiums, also ist es Zeit zu heiraten. Herausgefunden habe ich das, weil ein Mann im Gespräch war und mir sein Foto gezeigt wurde. Meine Bekannte ist verantwortlich, einen geeigneten Partner zu finden – und ist deswegen sehr nervös: sie möchte ja ihre Tochter «gut» verheiraten, damit diese möglichst glücklich ist. Sie selbst hat eine unglückliche Ehe und wünscht sich Besseres für ihre Tochter. Gesucht wird über die Familie und es gibt Leute, die gegen Entgelt geeignete PartnerInnen suchen, das also beruflich machen. Die Kriterien sind vielfältig: eine gute Familie, Lohn (zumindest beim Mann), Alter, Aussehen (es geht nicht unbedingt um Schönheit, aber darum, ob die Mutter das Gefühl hat, dass der Mann zu ihrer Tochter passt), Wohnort und (ja, immer noch) die Kaste. Es werden Menschen der gleichen Kaste verheiratet; und es gibt die Kasten immer noch, auch wenn sie staatlich verboten sind. Sie sind gerade für Ehen relevant und jede Person in diesem Land weiss, zu welcher Kaster er oder sie gehört. Ebenfalls gehört es dazu, dass die jungen Leute ihr Einverständnis geben. Meine Bekannte hat auf jeden Fall gesagt, dass ihre Tochter grundsätzlich mit dem Prozess einverstanden ist und ein «Vetorecht» hat, wenn ihr der Mann nicht gefällt. Wenn die Kriterien theoretisch passen, treffen sich Familienangehörige beider Sippen und verhandeln. Es geht darum, wie viel die Familie der Frau derjenigen des Mannes gibt: Geld, Gold und mehr. Dazu gehört auch, wer die Hochzeit organisiert und bezahlt. Eine Hochzeit ist in Indien sehr kostspielig, u.a. weil wirklich viele Leute eingeladen werden. Im Fall meiner Bekannten sind die Verhandlungen geplatzt: der Mann oder dessen Familie wollte zu viel Geld und Gold, ausserdem hätte die Familie der Frau die Hochzeit organisieren müssen (was, so wie ich verstanden habe, nicht der Normalfall ist). Sie sucht also weiter. Da der Familienhintergrund bei der Entscheidung so wichtig ist, gibt es sehr wenig Scheidungen. Noch einmal zu meiner oben erwähnten Bekannten: ihre Ehe ist nicht gut, aber eine Scheidung kommt nicht in Frage, weil dann die Chancen einer guten Heirat für ihre Kinder sich enorm verschlechtern würden. Der Gedankengang ist: Wer möchte schon sein Kind mit der Tochter oder dem Sohn einer geschiedenen Frau verheiraten; das ist ja ein schlechtes Beispiel! Diese Geschichte haben wir inzwischen noch einmal etwas anders gehört: Wir haben einen Mann kennengelernt, der geschieden ist. Auch er hat sehr offen darüber erzählt. Er war in einer arrangierten Ehe. Seine Frau und er haben sehr schnell herausgefunden, dass das überhaupt nicht funktioniert, also haben sie nach 10 Monaten Ehe beschlossen, sich scheiden zu lassen. Nach zwei Monaten Diskussionen mit den Familien, haben sie die Scheidung vollzogen, obwohl zumindest seine Familie dagegen war (er hat nur von sich gesprochen, also wissen wir nicht, was ihre Familie gedacht hat). Offenbar ist jetzt ein grosses Problem, dass sein jüngerer Bruder heiraten sollte und es sehr schwierig ist, eine geeignete Frau zu finden, weil der ältere Bruder sich hat scheiden lassen. Unser Bekannter weigert sich, wieder in eine arrangierte Ehe zu gehen. Das ist noch einmal nicht gut für die Familie und die Heiratsaussichten des Bruders. Wenn ich das für mich zusammenfasse: unser Bekannter möchte keine arrangierte Ehe, er ist gegen dieses System, nachdem er eine schlechte Erfahrung gemacht hat. Problematisch für ihn ist jedoch die Situation seines Bruder und das macht ihm zu schaffen. Ich masse mir kein Urteil an: es gibt sehr viele gut gehende arrangierte Ehen – und es gibt problematische Situationen. Grundsätzlich beobachten wir mehr tief verwurzelte Traditionen als bei uns, deren Bedeutung wir nicht immer fassen können, die aber für die Menschen hier wichtig sind. Diese Traditionen sind im allgemeinen schön, sie geben den Individuen eine Bedeutung in ihrer Gemeinschaft. Mir scheint, dass die Gemeinschaft in Indien wichtiger als das Individuum ist, also umgekehrt wie bei uns. In India, most marriages are arranged, which is very strange for me - therefore interesting. As a well-educated Swiss, I didn't really dare to ask about it until it came up all by itself. To my astonishment, I realised that people here are very open about it. (Incidentally, this is also the case in other areas, which in turn means that Indians also ask very direct questions, e.g. about age, rent, etc.. Are we a bit uptight in (German-speaking) Switzerland 😉?) The daughter of a woman I know is 24 or 25 years old, at the end of her studies, so it's time to get married. I found this out because a suitable man was in sight and I was shown his photo. My acquaintance is responsible for finding a suitable partner - and is very nervous about it: she wants to marry her daughter ‘well’ so that she is as happy as possible. She herself has an unhappy marriage and wants her daughter to have a better life. The search is conducted through the family and there are people who look for suitable partners for a fee, i.e. they do this for a living. The criteria are varied: a good family, salary (at least for the man), age, looks (not necessarily beauty, but whether the mother feels that the man suits her daughter), place of residence and (yes, still) caste. People are married into the same caste; and the castes still exist, even if they are banned by the state. They are particularly relevant for marriages and every person in this country knows which caste he or she belongs to. It is also important that young people give their consent. In any case, my acquaintance said that her daughter basically agrees with the process and has a ‘right of veto’ if she doesn't like the man. If the criteria fit in theory, family members from both clans meet and negotiate. It's all about how much the woman's family will give to the man's family: money, gold and more. This also includes who will organise and pay for the wedding. A wedding in India is very expensive, partly because so many people are invited. In the case of my friend, the negotiations fell through: the man or his family wanted too much money and gold, and the woman's family would have had to organise the wedding (which, as I understand it, is not the norm). So she is still looking. Because the family background is so important in the decision, there are very few divorces. Once again to my acquaintance mentioned above: her marriage is not good, but divorce is out of the question because then the chances of a good marriage for her children would deteriorate enormously. The train of thought is: who would want to marry their child to the daughter or son of a divorced woman; that's a bad example! We have since heard this story in a slightly different way: we met a man who is divorced. He was also very open about it. He was in an arranged marriage. He and his wife quickly realised that it wasn't working at all, so after 10 months of marriage they decided to get divorced. After two months of discussions with the families, they finalised the divorce, although at least his family was against it (he only talked about himself, so we don't know what her family thought). Apparently, a big problem now is that his younger brother is supposed to get married and it is very difficult to find a suitable wife because the older brother got divorced. Our friend refuses to go back into an arranged marriage. Once again, this is not good for the family and the brother's marriage prospects. If I summarise this for myself: Our friend does not want an arranged marriage, he is against this system after a bad experience. However, his brother's situation is problematic and that bothers him. I'm not passing judgement: there are a lot of arranged marriages that go well - and there are problematic situations. Basically, we observe more deeply rooted traditions here, the significance of which we cannot always grasp, but which are important to the people. These traditions are generally beautiful, they give the individuals a meaning in their community. It seems to me that the community in India is more important than the individual, i.e. the other way round than in our country. En Inde, la plupart des mariages sont arrangés, ce qui est très étrange pour moi - donc passionnant. En tant que Suissesse bien élevée, je n'ai pas vraiment osé poser des questions indiscrètes, jusqu'à ce que cela se fasse tout seul. À mon grand étonnement, j'ai constaté que les gens ici donnent des informations très ouvertes à ce sujet. (C'est d'ailleurs aussi le cas dans d'autres domaines, ce qui a pour conséquence que les Indiens et les Indiennes posent aussi des questions très directes, par exemple sur l'âge, le loyer, etc. Sommes-nous un peu coincés en Suisse (allemande) 😉 ?) La fille d'une connaissance a 24 ou 25 ans, elle est à la fin de ses études, il est donc temps de se marier. J'ai découvert cela parce qu'un homme était en discussion et qu'on m'a montré sa photo. Ma connaissance est chargée de trouver un partenaire approprié - et elle est très anxieuse : elle veut en effet « bien » marier sa fille pour qu'elle soit le plus heureux possible. Elle-même a un mariage malheureux et souhaite une meilleure vie pour sa fille. La recherche se fait par le biais de la famille et il y a des personnes qui cherchent des partenaires appropriés contre rémunération, c'est-à-dire qui font cela professionnellement. Les critères sont multiples : une bonne famille, le salaire (du moins pour l'homme), l'âge, l'apparence (il ne s'agit pas forcément de beauté, mais de savoir si la mère a le sentiment que l'homme convient à sa fille), le lieu de résidence et (oui, encore) la caste. On marie des personnes de la même caste ; et les castes existent toujours, même si elles sont interdites par l'État. Elles sont certainement pertinentes pour les mariages et chaque personne dans ce pays sait à quelle caste il ou elle appartient. Il faut aussi que les jeunes donnent leur accord. En tout cas, ma connaissance a dit que sa fille était en principe d'accord avec le processus et qu'elle avait un « droit de veto » si l'homme ne lui plaisait pas. Si les critères correspondent en théorie, les membres de la famille des deux clans se rencontrent et négocient. Il s'agit de savoir combien la famille de la femme donnera à celle de l'homme : de l'argent, de l'or et plus encore. Il s'agit également de savoir qui organisera et paiera le mariage. Un mariage est très coûteux en Inde, notamment parce que de nombreuses personnes sont invitées. Dans le cas de ma connaissance, les négociations ont échoué : le mari ou sa famille voulait trop d'argent et d'or, et la famille de la femme aurait dû organiser le mariage (ce qui, d'après ce que j'ai compris, n'est pas le cas normal). Elle continue donc à chercher. Comme le contexte familial est si important dans la décision, il y a très peu de divorces. Revenons à ma connaissance mentionnée plus haut : son mariage n'est pas bon, mais il n'est pas question de divorcer, car cela réduirait énormément les chances d'un bon mariage pour ses enfants. Le raisonnement est le suivant : qui voudrait marier son enfant à la fille ou au fils d'une femme divorcée ; c'est un mauvais exemple !
Entre-temps, nous avons entendu cette histoire encore une fois de manière un peu différente : nous avons rencontré un homme qui est divorcé. Lui aussi en a parlé très ouvertement. Il était dans un mariage arrangé. Sa femme et lui ont très vite découvert que cela ne fonctionnait pas du tout, ils ont donc décidé de divorcer après 10 mois de mariage. Après deux mois de discussions avec les familles, ils ont divorcé, bien que sa famille au moins s'y soit opposée (il n'a parlé que de lui-même, donc nous ne savons pas ce que sa famille a pensé). Apparemment, un gros problème est maintenant que son frère cadet devait se marier et qu'il est très difficile de trouver une femme convenable parce que le frère aîné a divorcé. Notre connaissance refuse de se lancer à nouveau dans un mariage arrangé. Une fois de plus, ce n'est pas bon pour la famille et les perspectives de mariage du frère. Si je résume pour moi : notre connaissance ne veut pas de mariage arrangé, il est contre ce système après avoir fait une mauvaise expérience. Ce qui lui pose problème, c'est la situation de son frère. Je ne me permets pas de juger : il y a beaucoup de mariages arrangés qui se passent bien - et il y a des situations problématiques. En principe, nous observons plus de traditions profondément enracinées que chez nous, dont nous ne pouvons pas toujours saisir la signification, mais qui sont importantes pour les gens ici. Ces traditions sont généralement belles, elles donnent aux individus une signification dans leur communauté. Il me semble qu'en Inde, la communauté est plus importante que l'individu, c'est-à-dire l'inverse de ce qui se passe chez nous.
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